Dringende Revision des Zweitwohnungsgesetzes
20. Februar 2023 – Die Zweitwohnungsgesetzgebung des Bundes muss aus Sicht der Mitte Graubünden dringend revidiert werden. Wir unterstützen den vom Bundesamt für Raumentwicklung erarbeiteten Entwurf der Revision des Zweitwohnungsgesetzes. Der Entwurf basiert auf einem Vorstoss unseres Nationalrates Martin Candinas.
Das eidgenössische Parlament wird sich in den nächsten Monaten mit einer Lockerung des Zweitwohnungsgesetzes beschäftigen. Die Arbeiten sind nach einer parlamentarischen Initiative des Bündner Nationalratspräsidenten Martin Candinas (Die Mitte) aufgenommen worden. Sein Vorstoss fordert, «unnötige und schädliche Beschränkungen des Zweitwohnungsgesetzes in Sachen Abbruch und Wiederaufbau von altrechtlichen Wohnungen aufzuheben».
Schwerwiegender Kollateralschaden
Die Mitte Graubünden setzt sich seit Jahren sehr intensiv mit den Konsequenzen der Zweitwohnungsinitiative auf die touristisch geprägten Regionen auseinander. Die Initianten der Zweitwohnungsinitiative betonten 2012 im Wahlkampf stets, dass es darum gehe, den «uferlosen» Bau von Zweitwohnungen auf der grünen Wiese zu stoppen. Es war aber nie beabsichtigt, Einschränkungen für Wiederaufbauten und Sanierungen von altrechtlichen (gebaut oder bewilligt vor dem 11. März 2012) Erstwohnungen zu erlassen. Doch genau dieser schwerwiegende Kollateralschaden ist eingetreten. Ein Schaden, der aus der Gesetzgebung und nach der Rechtsprechung entstanden ist. Insbesondere das Bundesgericht tendiert dazu, die Auslegung des Zweitwohnungsgesetzes laufend zu Lasten der einheimischen Bevölkerung in den touristischen Gebieten zu verschärfen.
Förderung der Abwanderung
Aus unserer Sicht werden die Sorgen der Tourismusgebiete in der politischen Debatte auf nationaler Ebene nicht gebührend gewichtet. Die negativen Auswirkungen der Initiative auf die wirtschaftliche Entwicklung in diesen Regionen werden massiv unterschätzt. Es darf nicht sein, dass die Zweitwohnungsgesetzgebung auch die Eigentümer von Erstwohnungen massiv in ihren Handlungsmöglichkeiten einschränkt. Damit werden die verfassungsmässigen Garantien des Eigentumsschutzes und der Besitzstandsgarantie verletzt. Doch genau diese Entwicklung zeigt sich und mit ihr verstärkt sich die Abwanderung der einheimischen Bevölkerung aus diesen Gebieten.
Sanfte Überarbeitung
Die anvisierte Gesetzesänderung nach dem Vorstoss von Martin Candinas hat eine sanfte Überarbeitung des Zweitwohnungsgesetzes zum Ziel. Mit ihr sollen die seit Inkrafttreten des Gesetzes entstandenen Probleme bezüglich einer zeitgemässen Nutzung und Werterhaltung von Altbauten entschärft werden. Konkret werden mit dem Vorstoss drei wesentliche Änderungen im Zweitwohnungsgesetz angestrebt: Erstens soll bei der Erneuerung einer altrechtlichen Baute die Hauptnutzfläche um 30 Prozent erweitert werden können. Zweitens soll neu eine Erweiterung auch bei einem Abriss eines altrechtlichen Baus mit nachfolgendem Neubau zulässig sein. Drittens soll künftig der Standort für wiederaufgebaute Häuser innerhalb des betreffenden Grundstücks frei gewählt werden können.
Anliegen der Raumplanung
Tiefe Hürden für Erneuerung oder Abbruch und Wiederaufbau von Erstwohnbauten entsprechen dem Anliegen der aktuellen Raumplanung. Es wird eine Siedlungsentwicklung nach innen und die Belebung der Ortskerne angestrebt. Die Erweiterung altrechtlicher Wohnungen trägt auch zu einer besseren Ausnutzung der begrenzten Flächen innerhalb der Bauzonen bei. Und sie kommt einem Kernanliegen der Initianten der Zweitwohnungsinitiative nach: die Ausdehnung der Siedlungsgebiete in Richtung Kulturlandflächen zu unterbinden. Doch das aktuelle Gesetz und die Rechtsprechung verhindern die Siedlungsentwicklung nach innen.
Für uns ist daher klar, dass an der Gesetzgebung in mehreren Punkten Revisionsbedarf besteht. Der vom Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) erarbeitete Entwurf der Gesetzesrevision geht in die richtige Richtung. Er nimmt die Kernanliegen der Berggebiete auf und wir befürworten die geplanten wesentlichen Revisionspunkte. Dies haben wir dem ARE in diesen Tagen mit unserer Stellungnahme mitgeteilt.