Sessionsrückblick der Juni-Session vom 14. – 16. Juni 2021 in Davos
Fraktionssitzungen: Auftakt als BDP und CVP – Zusammenschluss zur neuen MITTE GRAUBÜNDEN Ausnahmsweise bildete für die Parlamentarierinnen und Parlamentarier nicht die Session in Davos den inhaltlichen Höhepunkt, sondern die vorbereitenden Fraktionssitzungen. Tagte die CVP Fraktion am 2. Juni 2021 im Bahnmuseum in Bergün, wurden die Arbeiten zur Vorbereitung der Session, zusammen mit den Vertreterinnen und Vertretern der BDP, unter dem neuen Parteinamen DIE MITTE GRAUBÜNDEN, fortgesetzt. 47 Grossrätinnen und Grossräte politisieren neu in der MITTE GRAUBÜNDEN und werden zu den Werten „Freiheit – Solidarität – Verantwortung“ Schwerpunkte setzen und die Kantonalpolitik mitprägen. Beim historischen Zusammenschluss der beiden Parteien mussten Abgänge hingenommen werden, allerdings weniger als antizipiert. Neu politisiert die MITTE GRAUBÜNDEN dank der komplementären Ergänzung der Wahlkreise der BDP und CVP im ganzen Kanton – dass der Zusammenschluss unter einem guten Stern steht, merkte man an den vielen Gesprächen, die über die alten Parteigrenzen hinweg gesucht wurden.
Der Hauswurz als Symbolik der Fusionsverhandlungen
Aita Zanetti, Co-Präsidentin der MITTE GRAUBÜNDEN, hat zum Abschluss der historischen Fusion der beiden Parteien an der Delegiertenversammlung vom 7. Juni 2021 mit dem Hauswurz ein Symbol für den gemeinsamen Weg gefunden – von den begleitenden Worten war ich beindruckt und berührt, weshalb ich sie als Startpunkt einer guten Zusammenarbeit gerne wiedergeben möchte. Danke, Aita.
„Als Symbol unseres gemeinsamen Weges soll «la fluor da crap» – der «Hauswurz» stehen. Er steht als Zeichen der Mitte für ein selbstbestimmtes Graubünden mit unseren Werten «Freiheit, Solidarität und Verantwortung».
Für jede und jeden von Ihnen steht draussen eine solche Pflanze zum Mitnehmen bereit. Geben Sie der Pflanze die Freiheit und pflanzen Sie diese in Ihrem Garten. Der Hauswurz wächst vorzugsweise in Felsspalten, kalkarmen Gesteinen aber auch in Ziergärten oder verwildert auf Mauerkronen und alten Dächern. Ein alter Volksglaube behauptet, dass die Dächer der mit Hauswurz bewachsenen Häuser nicht vom Blitz getroffen würden. Abgeleitet auf uns hoffe ich, dass dies ein gutes Omen ist, welches unsere neue Partei vor politischen Blitzgewittern schützen soll.
Der Hauswurz hat auch solidarische Qualitäten: Er ist eine ziemlich genügsame und ausdauernde Pflanze und hat einige wertvolle medizinische Eigenschaften. Der Saft wirkt krampflösend und wundheilend. Im übertragenen Sinne auch Merkmale der Politik der Mitte Graubünden. Wir gehen den Weg zu mehrheitsfähigen Lösungen und fördern Kooperationsbereitschaft, Konsenssuche und Entpolarisierungen.
Es liegt an uns allen, die Verantwortung für das Wachsen und Gedeihen des Hauswurz respektive der Mitte Graubünden zu übernehmen. Wir wollen mit unserer Politik einen nachhaltigen und zukunftsfähigen Lebens- und Wirtschaftsraum gestalten, welcher der Bündner Bevölkerung eine Perspektive bietet und eine hohe Lebensqualität ermöglicht.
Heute haben wir mit der Verabschiedung der Statuten der Mitte Graubünden den Grundstein gelegt. Ich danke Ihnen für Ihr Vertrauen und Ihre Mitarbeit, eine bürgerliche Politik für Graubünden weiterzuentwickeln, neue Akzente zu setzen und somit die politische Mitte in Graubünden zu stärken, grazcha.“
Herzlichen Dank an alle, welche einen Beitrag zur erfolgreichen Fusion beigetragen haben.
Eröffnungsansprache des Standespräsidenten – Macht und Menschlichkeit
Martin Wieland setzte als Standespräsident in den Eröffnungsansprachen Akzente – in der Junisession unter den Begriffen „Macht und Menschlichkeit“ aus dem Film von Charlie Chaplin „Der grosse Diktator“. Wer Martin Wieland kennt, hat sicher schon auf eindrückliche Art und Weise selber erfahren, dass für ihn gelebte Menschlichkeit und Nächstenliebe keine leeren Worthülsen sind – aus diesem Grunde freut man sich immer auf die nächste parteiübergreifende Begegnung mit ihm.
„Wir sprechen zu viel und fühlen zu wenig.“ Wenn auch Tage nach Sessionsende ein Zitat von Charlie Chaplin in meiner Erinnerung immer noch präsent ist, dann ist es Martin Wieland gelungen, zum Denken anzuregen.
Geschäftsbericht und Jahresrechnung 2020 des Kantons Graubünden
Erfolgskontrolle: Die MITTE GRAUBÜNDEN zeigte sich aktiv in der Diskussion um die Erfolgskontrolle. Erich Kohler nutzte die Gelegenheit, die MITTE GRAUBÜNDEN in Stellung zu bringen und unter den Stichworten Freiheit, Verantwortung und Solidarität erste Schwerpunkte zu setzen:
- Der neuen MITTE wird es wichtig sein, dass die Wertschöpfung der Wasserkraft in Zukunft im Kanton bleibt – dafür ist ein Zusammengehen von Kanton und der Gemeinden sehr zentral – die MITTE wird sich aktiv in die Diskussion um Heimfallentschädigung und Wasserzinsen einbringen – wir übernehmen damit Verantwortung für unseren Kanton.
- Die Erschliessung der Randregionen nimmt in der Erfolgskontrolle eine wichtige Stellung ein – sei dies mit dem ÖV oder auch digital. Mit der Stärkung der Randregionen lebt die MITTE Solidarität, so dass unser Kanton vielfältig bleibt.
- Nach der Ablehnung des C02 Gesetz sind wir doppelt gefordert, die Klimaziele zu erreichen – wir müssen Vollgas geben, und dies ohne CO2-Ausstoss. Dabei wird es für die MITTE zentral sein, dass die richtigen Schwerpunkte gesetzt werden. Was auch immer im Green Deal präsentiert wird – das Thema Wasserstoff darf dabei nicht fehlen. Damit können wir uns aus unserer Sicht die „energetische„ Freiheit auch langfristig sichern.
Mit Voten aus der MITTE z.B. von Gabriela Tomaschett-Berther betreffend der familienergänzenden Kinderbetreuung oder Grossrat René Epp zur Entwicklung der Randregionen markierte die MITTE Präsenz.
Am 14.6.21, ab 15:18 Uhr, fand der Frauenstreik statt – ohne Schal von Andri Perl oder dem farbigen T-Shirt eines SP Stellvertreters hätte dies im Saal niemand bemerkt. Randbemerkung: das farbige T-Shirt hatte nichts mit dem Streik zu tun, es blieb auch die nächsten Tage bei einem T-Shirt – in verschiedensten Farben. Das Thema „Lohngleichheit zwischen Mann und Frau“ bleibt aber nach wie vor aktuell, auch für die MITTE GRAUBÜNDEN.
Jahresrechnung 2020: Regierungsrat Dr. Christian Rathgeb freute sich, einen soliden Jahresabschluss 2020 präsentieren zu können und von einer guten Vermögenslage des Kantons zu berichten. Ein Ertragsüberschuss von rund 82 Mio. Fragen sei während der Corona-Pandemie nicht selbstverständlich. Sieben von acht finanzpolitischen Richtwerten konnten eingehalten werden.
Der GPK-Präsident Martin Aebli, Mitte Graubünden, mahnt aber trotzdem: steigende Ausgaben, auch für den Green Deal, ein Ausgabenwachstum, welches mit den Einnahmen nicht Schritt halten kann, längerfristige Auswirkungen der Corona-Pandemie und negative Schwankungen bei Sondereffekten oder dem Ressourcenausgleich können zukünftige Ergebnisse schmälern.
Bei dieser Ausgangslage konnten die Voten nicht unterschiedlicher ausfallen: vom Einleiten einer ALÜ (FDP) zu einer umfassenden Investitionsoffensive (SP) hatte es für jeden Geschmack etwas dabei.
Für die MITTE GRAUBÜNDEN zeigte sich, dass sich die vorausschauende Finanzpolitik von Regierung und dem Grossen Rat ausbezahlt hatte und ein Kurswechsel falsch wäre – natürlich muss auf den haushälterischen Umgang mit den Finanzen immer Acht gegeben werden, hält unser Co-Fraktionschef der MITTE GRAUBÜNDEN, Martin Bettinaglio, fest.
Der Grosse Rat genehmigte die Jahresrechnung 2020 sowie auch alle weiteren Geschäftsberichte.
Teilbericht „PUK, Submissionsabreden im Unterengadin“
Submissionsabsprachen sind zu verurteilen. Darin sind sich alle einig und es wurden grosse Anstrengungen unternommen, diese in Zukunft unterbinden zu können. Entsprechende Handlungsempfehlungen sind bereits in Umsetzung – damit hat das DIEM alles in Bewegung gesetzt, dass Verfehlungen in Zukunft kein Raum mehr geboten wird.
Nach dem Sonderbericht der PUK zu den Polizeieinsätzen hat der Grosse Rat den PUK-Bericht zur Involvierung der Regierung und der Verwaltungsmitarbeitenden zu diskutieren.
Der Grosse Rat fand lobende Worte für die Arbeit der PUK und stellte mit Genugtuung fest, dass es keine systematischen Verstrickungen von Regierungsmitgliedern oder Kantonsangestellten gegeben hatte. Disziplinarische Massnahmen gegen drei Kantonsangestellte, welche den Vortritt von AQ beim Kantonalen Tiefbauamt zu wenig Beachtung geschenkt hatten, das Gespräch nicht optimal festgehalten oder ungenügend kommuniziert hatten, sind zur Kenntnis zu nehmen.
Martin Bettinaglio, Co-Fraktionschef der MITTE GRAUBÜNDEN, hält fest, dass der PUK-Bericht einen Beitrag zur Vertrauensbildung geleistet und keine Hinweise auf einen politischen Filz geliefert hat. Es konnten keine Vorteilsnahmen der Verwaltung und Politik festgestellt werden.
Dieses Ergebnis gilt es zu würdigen, weshalb auch ein Kompliment und Dank an unseren Regierungspräsidenten Dr. Mario Cavigelli, die MITTE GRAUBÜNDEN, auszusprechen ist, welcher den Tanker DIEM mit viel Geschick und langjähriger konsequenter Führung immer gut auf Kurs gehalten hat.
Übrigens: Haben Sie sich einmal gefragt, ob Sie in Ihrem Berufsleben alles so aufgeschrieben haben, dass es bei einer externen Evaluation hätte standhalten können – z.B. Ihre Sitzung vom 18. Mai 2009, 14 Uhr?
Aufträge
In der Junisession hat der Grosse Rat 8 Aufträge behandelt, die Aufträge der MITTE GRAUBÜNDEN sind im Folgenden aufgelistet:
Auftrag Maissen betreffend der nachhaltigen wirtschaftlichen Erholung nach Corona (GRP 2020/2021, S. 778)
Regierungsvizepräsident Marcus Caduff führt aus, dass die existierenden Förderinstrumente von Bund und Kanton zur Entwicklung und Umsetzung neuer Projekte bereits ausreichen, auch hinsichtlich nachhaltiger ökologischer Erneuerungen.
Die Regierung ist aber bereit, für die Aufrechterhaltung der Investitionsfähigkeit von bedeutenden Tourismusunternehmen, ein kantonales Impulsprogramm zu prüfen – dies in enger Abstimmung mit dem Bund.
Auftrag Widmer (Felsberg) betreffend Schaffung eines kantonalen Gesamtkonzeptes zu Präventionsmassnahmen bei Littering im Kanton Graubünden (GRP 2020/2021, S. 776)
Das Sorge tragen zu einer intakten Umwelt wird gemäss Ursin Widmer, DIE MITTE GRAUBÜNDEN, zu einer grossen Herausforderung und ist ein gesellschaftliches Problem. Ein Naturerlebnis in sauberer Umwelt wünschen sich alle, nur über den Weg zum Ziel sind sich nicht alle einig: breite Präventionsmassnahmen, Aufnahme im Lehrplan 21, Bussen für Ausländer, Vorbild sein, aber keine neuen gesetzlichen Grundlagen schaffen. Auf Antrag der Regierung und gegen die FDP-Fraktion beschliesst der Grosse Rat eine online-Umfrage bei Gemeinden und bei Landwirten durchzuführen und die Problematik des Litterings mittels Informations- und Präventionsmassnahmen an einem PHGR-Projekt aufzuzeigen.
Fraktionsauftrag CVP betreffend finanzpolitische Szenarien für die Kantonskasse (Erstunterzeichnerin Maissen) (GRP 2020/2021, S. 871)
Regierungspräsident Dr. Christian Rathgeb wird den historisch letzten Auftrag der CVP-Fraktion nach dem Vorsorgeprinzip bearbeiten. Dank des Auftrages Maissen sollen Risiken besser beziffert und auf finanzpolitische Herausforderungen reagiert werden können. Die gewünschten finanzpolitischen Szenarien werden dem Grossen Rat in der Dezembersession 2021 unterbreitet.
Anfragen
Anfrage Tomaschett (Breil) betreffend Leistungsvereinbarung zwischen dem Kanton Graubünden und Pro Natura Graubünden (GRP 2020/2021, S. 782)
Fragestunde
Die Fragestunde erfreut sich wegen ihrer zeitlichen Aktualität und wegen der relativen Formlosigkeit grosser Beliebtheit bei den Parlamentsmitgliedern. Parteiübergreifend wurde bei den 23 gestellten Fragen vom Prinzip „einfache Frage – einfache Antwort“ meistens abgewichen, so dass sich die Beantwortung währen 2.5 Stunden in die Länge zog, respektive der Kaffeekonsum während der Debatte exponentiell in die Höhe schnellte.
Die Fragestellungen der Politikerinnen und Politiker der MITTE GRAUBÜNDEN im Überblick:
– Deplazes (Rabius) concernent GRdigital e l’impurtonza dils lungatgs en quei svilup
– Danuser betreffend Sozialhilfe für vorläufig Aufgenommene
– Fasani concemente Servizio ambulanza del Moesano – punto die appoggio Mesocco
– Widmer (Felsberg) betreffend Ausbildung von Schulleitungen
– Widmer (Felsberg) betreffend Homeschooling im Kanton Graubünden
Wahl Regierungspräsidium und Vizepräsidium 2022
Herzliche Gratulationen an unseren Regierungsrat Marcus Caduff, die MITTE GRAUBÜNDEN, zur Wahl als Regierungspräsident für das Jahr 2022, verbunden mit den besten Wünschen, dass interessante Begegnungen mit der Bündner Bevölkerung wieder möglich werden.
Weiter wurde turnusgemäss Peter Peyer zum Vizepräsidenten gewählt.
Die 4. Auswärtssession wurde frühzeitig beendet, die Koffer im Hilton Garden Inn gepackt – hoffentlich lässt die pandemische Lage die Augustsession wieder im Grossratsgebäude zu, auch wenn die Vorteile einer Auswärtssession bezüglich dem gesellschaftlichen Leben nicht zu unterschätzen sind.
*zum Autor: Erich Kohler, Domat/Ems, ist seit 2018 Grossrat der MITTE GRAUBÜNDEN aus dem Kreis Rhäzüns, Präsident der CVP Regionalpartei Imboden und seit 2017 Gemeindepräsident von Domat/Ems.