Grosse Herausforderungen
Der Krieg in der Ukraine lässt die Preise in die Höhe schnellen. Weltweit sind Engpässe bei den Lebens- und Futtermitteln zu verzeichnen. Die Bedrohung der Nutztiere durch die Wölfe wird sich in den kommenden Monaten noch verschärfen. Es sind schwierige Zeiten.
Volkswirtschaftsdirektor Marcus Caduff, bis Ende Jahr Regierungspräsident, thematisierte den Strukturwandel in der Landwirtschaft. Zählte man im Kanton vor 30 Jahren noch knapp 4’000 Landwirtschaftsbetriebe, fiel der Bestand im letzten Jahr unter die 2000er-Schwelle. Die Anzahl Tiere hat sich hingegen verdoppelt. «Die Betriebe sind heute deutlich grösser, kleinere mit weniger als 30 ha verschwinden. Die Spezialisierung und Fokussierung auf einen einzelnen Betriebszweig wird weiter gehen.» Die Komplexität, die vielen gesetzlichen Verordnungen sowie die gesellschaftlichen Ansprüche stellten grosse Herausforderungen für die Bündner Landwirtschaft dar. Damit die typische Bündner Kulturlandschaft, welche auch Basis für den Tourismus bilde, erhalten bleibe, sei die Berglandwirtschaft auf in Zukunft auf die Unterstützung durch die öffentliche Hand angewiesen.
Regierungsratskandidatin Carmelina Maissen gab den Zuhörenden einige Gedanken zur Rolle der Bäuerinnen auf den Weg. Ein Bauernbetrieb sei vielmehr als ein «Geschäft» und «Bäuerin» eine eigentliche Berufung. «Die Landwirtschaft vereint so viele Facetten … Und manchmal hat das schöne Bild Risse.» Maissen sprach das nicht immer einfache Leben mehrerer Generationen unter einem Dach an, ortete aber auch Handlungsbedarf punkto Absicherung. «Nur 30 Prozent der Bäuerinnen sind sozial abgesichert. Kommt es zu einem Schicksalsschlag oder zu einer Scheidung, wird die Situation schwierig.»
Jon Domenic Parolini hatte Informationen zum Geldfluss und Projekten parat. So leistet der Kanton mit dem Aktionsplan «Green Deal für Graubünden» seinen Beitrag zur Erfüllung des Klimaübereinkommens, welches darauf abzielt, von den fossilen Energieträgern wegzukommen. «Im Rahmen der Klimastrategie werden wir zunehmend auch gefordert sein, der Landwirtschaft Ressourcen für die Bewässerung zur Verfügung zu stellen – gerade auch im Prättigau», stellte der Bildungsminister fest. Auch er betonte die Bedeutung der Kulturlandschaft: «Wir wollen eine produzierende Landwirtschaft, sind aber darauf angewiesen, wie das Bundesrecht daherkommt.»
Fulminantes Gastreferat
In der Person von Markus Ritter stand der Präsident des SBV den Anwesenden Rede und Antwort. «In Graubünden habt ihr eine Regierung, die noch auf euch hört», stellte er fest. Problematisch werde es da, wo die Verwaltung die Menschen nicht mehr spüre. In seinem fulminanten Referat sprach Ritter unter anderem den tief empfundenen Frust der Älpler an, von Bundesbern überhört zu werden. Auch die Bauern fühlten sich im links-grün dominierten Parlament nicht mehr verstanden. «Es geht um die nächste und übernächste Bauern-Generation. Dafür lohnt es sich, zu kämpfen!» Er habe die Vision, dass die Landwirtschaft ein wichtiger Bestandteil der Ernährungspolitik werde. «Vorausschauende Lösungen finden wir aber nur, wenn wir alle miteinander am gleichen Strick ziehen.»
Literarischer Schlusspunkt
Das Schlusswort hatte Standespräsidentin Aita Zanetti, Bäuerin in Sent. Sie brachte den Versammelten Men Rauchs Gedicht «Il tschuncader» näher. Der Bauer, der das Korn schneidet, steht am Acker. Angesichts der golden wogenden Ähren erinnert er sich, im Frühling als «Semnader» dort gestanden zu haben …«Säen allein genügt nicht. Wir haben Steine weggeräumt, wir müssen den Boden pflegen, sollten jäten und wässern, der Saat Zeit geben, so werden wir ernten», gab sich die Co-Präsidentin der Mitte überzeugt. (Heidi Wyss)